Zehn Meistertitel in Folge, einen Stern auf der Brust, weinrot-weiße Leidenschaft: Der BFC Dynamo ist ein echter Traditionsverein und war jahrelang das Nonplusultra des DDR-Fußballs. Wir verraten dir, wie die Wende den sportlichen Abstieg des Berliner Klubs einleitete. Außerdem erfährst du hier, welchen Anteil die Fans am heutigen Bestehen der 55-jährigen Vereinsgeschichte haben und welche soziale Rolle der BFC heute einnimmt.
BFC Dynamo – die Gründung des „Stasi-Klubs“
Wie jeder Verein und jede Sportgemeinschaft unter der Oberbezeichnung „Dynamo“ gehörte auch der BFC Dynamo bis 1989 zur übergeordneten Sportvereinigung Dynamo. Und so war es auch der damalige Vorsitzende dieser Sportgemeinschaft, Erich Mielke, der den Klub 1966 neu gründete. Am 15. Januar jenes Jahres ging der Verein aus dem SC Dynamo Berlin hervor und bekam seinen neuen Titel. Der BFC Dynamo war geboren und bereit, der Fußballwelt in Ost-Deutschland neuen Glanz zu verleihen.
Die Vorzeichen dafür stimmten. Unterstützung bei der finanziellen und sportlichen Weiterentwicklung erhielt man vom damaligen Ehrenvorsitzenden Mielke. Da dieser aber gleichzeitig auch Stasi-Chef war, wurde dem BFC Dynamo der Spitzname „Stasi-Klub“ zuteil.
Sonderbehandlung unter den Spitzenvereinen
Diese Beziehung legte auch den Grundstein für einen weiteren Vorteil, den der BFC gegenüber seinen Konkurrenten hatte. Als Leistungszentrum profitierte man von der im DDR-Fußball üblichen Verfahrensweise der Spielertransfers. Diese wurden nicht über Finanzmittel getätigt, sondern im Zuge einer Leistungskonzentration, (sport-)politisch begründet, abgewickelt. Nutznießer hiervon waren zwar auch andere große Vereine wie Dynamo Dresden oder Vorwärts Frankfurt/Oder, allerdings besaß der BFC auch unter den Schwergewichten eine Sonderrolle. Der Berliner Fußballclub sollte nämlich, gegen den Widerstand anderer Vereine, zum absoluten Aushängeschild des DDR-Fußballs entwickelt werden.
Der Beginn einer Ära – Rekordmeister BFC Dynamo
Und so begann der Emporstieg des weinroten Hauptstadtklubs. Der Aufstieg in die oberste Spielklasse, der Oberliga, 1968 markierte den ersten Meilenstein auf dem Weg zur Spitzenmannschaft. Es folgten Vizemeisterschaften und das einmalige Erreichen des Halbfinals im Europapokal der Pokalsieger. Die erfolgreichste Ära des BFC sollte aber erst Ende der 1970er beginnen.
Ein Jahrzehnt Dominanz: Ein unbeliebter Dauermeister
In der Saison 1978/79 feierten die Berliner endlich ihren ersten Meistertitel. Ein Jahr später sorgte man sogar für den ersten Sieg einer deutschen Mannschaft im Europapokal der Landesmeister (heute Champions League) in England. Das 1:0 gegen den späteren Titelverteidiger Nottingham Forest konnte das Ausscheiden im Viertelfinale zwar nicht verhindern (Rückspiel 1:3), war aber dennoch einzigartig.
Es folgten neun weitere Meisterschaften, die allesamt an den BFC Dynamo gingen. Mitte der 80er Jahre war man sogar 36 Ligaspiele in Folge ungeschlagen, was einem nicht mehr erreichten Rekord entsprach. Störfeuer gab es allerdings genügend. Unzählige Gerüchte über Spielmanipulationen zugunsten des DDR-Rekordmeisters wurden laut und konnten nie vollständig ausgeräumt werden. Besonders umstritten war eine Entscheidung im Jahr 1986, auch als „Schand-Elfmeter von Leipzig“ bekannt. Diskussionen wie diese und die Staatsnähe politischer Funktionäre zum BFC sorgten dafür, dass der Klub beim Großteil der Fußballfans eher unbeliebt war.
Trotz alledem war bekannt, dass der BFC Dynamo seine sportlichen Erfolge auf Basis einer bis heute anerkannten Jugendarbeit erreichte. Leistungsträger der 80er-Jahre kamen überwiegend aus der eigenen Jugend. Spätere Bundesliga-Stars und Nationalspieler wie Andreas Thom, Falko Götz oder Frank Rohde wurden in den 1970ern bei den „Weinroten“ ausgebildet, wechselten aber nach und nach zu deutschen Spitzenvereinen aus dem Westen. Abwerbungen anderer Mannschaften, wie die einstige Verpflichtung von Thomas Doll (Hansa Rostock), waren Ausnahmen.
Die Wende leitet den Absturz ein
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1989 endete die sportlich erfolgreiche Zeit abrupt. Ohne die Sonderbehandlung durch DDR-Politiker büßte man Teile seiner Infrastruktur sowie finanzielle und personelle Unterstützung ein. Gleichzeitig wechselten viele Leistungsträger in attraktivere Ligen nach Westeuropa, wo das „große“ Geld wartete. Auch eine Namensänderung in „FC Berlin“ mit der Hoffnung auf ein besseres Image half nicht, sich 1990 für die 1. oder 2. Bundesliga zu qualifizieren.
1999 erfolgte auf Drängen der Fans die Rückbenennung in BFC Dynamo. Allerdings gehörten die Markenrechte am traditionellen Emblem (mit dem traditionellen Dynamo-D und der Abkürzung BFC) bereits seit 1998 nicht mehr dem Verein und wurden bis heute nicht durch den BFC zurückerworben.
Misswirtschaft im vollen Risiko: Plötzlich insolvent und sportlich abgeschlagen
Sportlich hatte der BFC kaum noch Erfolg und stieg 2000 aus der Regionalliga Nordost in die Oberliga Nordost ab. Der Wiederaufstieg in der Folgesaison scheiterte krachend. Beim Angriff auf einen Regionalligaplatz übernahm sich die Klubführung derartig, dass sie nach den verlorenen Relegationsspielen gegen den 1. FC Magdeburg Insolvenz anmelden musste. Man verlor die Spielberechtigung für die Oberliga und stieg zwangsmäßig in die Verbandsliga ab. Der einstige Spitzenklub des Fußballostens stürzte somit in ein wirtschaftliches und sportliches Chaos.
Dass der BFC Dynamo überhaupt noch existiert, ist zu großen Teilen der Verdienst seiner treuen Fans. Diese setzten in den schwierigen Zeiten alles daran, den Klub zu retten und übernahmen viel Verantwortung im Vereinsleben. Zudem wurden unter anderem Fanmärsche und Spendenaktionen organisiert. Die Insolvenz konnte auch dadurch erfolgreich abgeschlossen werden und nach der Saison 2003/04 stand der Aufstieg aus der Verbands- in die Oberliga fest.
Finanzielle Erholung und Regionalliga-Rückkehr
Hier jagte der BFC zehn Jahre dem Aufstieg in die Regionalliga hinterher und scheiterte etliche Male nur knapp. Seitdem Peter Meyer die Geschicke des Vereins übernommen hat, bewegt sich Dynamo immer im finanziellen Rahmen seiner Möglichkeiten. Zur soliden wirtschaftlichen Grundlage kam dann endlich auch der erneute sportliche Erfolg. Nach dem Abschluss der Oberligarunde 2013/14 stand der Aufstieg in die Regionalliga Nordost fest. Dieser gelang in einer eindrucksvollen Manier. Ohne eine einzige Niederlage konnte sich der BFC Dynamo gegen die Konkurrenz durchsetzen.
Während dieser Zeit konnte man sich zudem durch Gewinne des Berliner Landespokals mehrmals für den DFB-Pokal qualifizieren. 2011/2012 verlor man in der ersten Hauptrunde zwar mit 0:3 gegen den 1. FC Kaiserslautern, hatte mit 10.104 Zuschauern im Heimatstadion allerdings das bestbesuchte Spiel seit der Wende-Zeit. Zum Leidwesen des Vereins kam es hier allerdings zu massiven Ausschreitungen von hunderten BFC-Fans, die den Gästeblock der Lauterer stürmten und einige der Auswärtsfans verletzten. Auch sechs Jahre später sorgte ein Teil der Dynamo-Fans für negative Schlagzeilen. Beim Pokalspiel gegen den FC Schalke 04, in dem man die Zuschauer-Marke von 2011 nochmals übertraf, kam es zu einer Pyro-Einlage einiger Anhänger. Für den Verein resultierte das Vergehen der eigenen Fans in einer schmerzlichen Geldstrafe in Höhe von 12.000 Euro.
Nach dem lang ersehnten Wiederaufstieg in die Regionalliga konnte man zunächst alle Verträge mit den Stammspielern und dem Trainerteam verlängern. Die Premierensaison schloss man gar auf dem fünften Tabellenplatz ab. Auch in den Folgejahren schaffte es der BFC dann, sich in der vierthöchsten Spielklasse Deutschlands zu etablieren.
Wo spielt der BFC Dynamo heute? Mit KICK.TV am Ball bleiben
In den letzten Jahren konnte sich der Verein dann auch wieder etwas mehr in die Fußball-Öffentlichkeit spielen. Am vom ARD-Fernsehen übertragenen Finaltag der Amateure 2017 bezwang der BFC Dynamo Viktoria 89 Berlin mit 3:1 nach Verlängerung. Es war der fünfte von insgesamt sechs Siegen im Berliner Pokal in der Historie des Traditionsklubs. Das Siegtor zum Endstand erzielte Kai Pröger. Es wurde für die Wahl zum Tor des Monats Mai 2017 nominiert und erreichte dort 10,9% der Zuschauerstimmen. Prögers Traumtor und alle Highlights des Spiels könnt ihr euch hier nochmal in Ruhe anschauen.
Unter Trainer Christian Benbennek erreichte man in der Saison 2020/2021 mit 18 Punkten aus elf Ligaspielen den siebten Tabellenplatz in der Regionalliga Nordost. Anschließend wurde die Saison durch die Corona-Pandemie bedingten Maßnahmen abgebrochen. Und so wird man die Zeit nutzen, um sich zu verstärken und nächstes Jahr neu anzugreifen. Geht es nämlich nach den Verantwortlichen des Vereins und den Fans, soll in der Regionalliga noch nicht das Ende der sportlichen Entwicklung erreicht sein. In absehbarer Zukunft möchte man den Sprung in den Profifußball schaffen.
Auch der derzeitige Sportliche Leiter des BFC, Vereinslegende Jörn Lenz, sieht den Aufstieg in die 3. Liga als langfristig realistisches Ziel an. Wie er die spannende Historie seines langjährigen Vereins erlebt hat und wie er den heutigen Status des BFC einschätzt, erfahrt ihr hier.
Der neue BFC Dynamo – Schon längst kein „Stasi-Klub“ mehr
Sportlich auf einem gesunden und verheißungsvollem Weg, ist auch das Image des Vereins heute ein anderes als noch zu DDR-Zeiten. Jahrzehntelang trübten Ausschreitungen von Hooligans, Spekulationen um Spielmanipulationen und die damalige Unterstützung des Stasi-Chefs die Außenwahrnehmung des BFC. Spätestens seit den 2000ern geben die „Weinroten“ allerdings das Bild eines modernen, vorangehenden und sozialen Vereins ab.
Im Jahr 2003 gründete der Klub im Rahmen der Kinder- und Jugendförderung ein eigenes Kita-Projekt. Vom DFB ausgebildete Trainer schaffen hier die Grundlage für eine sportlich- und sozial nachhaltige Entwicklung bei mehr als 200 Kindern aus 18 Kitas Berlins. Die Initiative war nicht nur die erste ihrer Art, sondern wurde mittlerweile auch von unzähligen Vereinen kopiert. Zudem wurde das Projekt bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem vom Berliner-Fußball-Verband in der Kategorie „Ehrenpreis“. Auch das erfolgreiche Nachwuchszentrum des BFC baut auf nachhaltige Werte und Normen. Soziales Engagement und Ablehnung von jeglicher Gewalt und Diskriminierung sind tief im Verein verankert, sodass der Hauptstadtklub besonders während der Corona-Pandemie seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht wird.
Trotz des pausierenden Spielbetriebs in der Regionalliga Nordost versorgt dich KICK.TV weiterhin mit spannendem Content rund um den BFC Dynamo. Egal, ob Fan vom BFC, den befreundeten Kickern vom Lokomotive Leipzig oder einem anderen Amateurverein aus Deutschland. Auf der größten Videoplattform für den Amateurfußball findet jeder Liebhaber etwas!