In Deutschland gibt es etwa 24.000 Fußballvereine, die Woche für Woche ihre Spiele austragen. Viele dieser Vereine haben aus verschiedenen Gründen eine 2. Mannschaft. Während diese im Profifußball hauptsächlich zur Talentförderung dient, haben Amateurvereine oft einfach zu viele Spieler im Kader. Daher gründen sie eine 2., manchmal sogar eine 3. oder 4. Mannschaft, um auch denjenigen, die vielleicht nicht zu den Besten im Team gehören, die Möglichkeit zu geben, regelmäßig Fußball zu spielen.

Gruppenchat der 2. Herren “Wir sind für Sonntag aktuell 9 Spieler, wir brauchen noch Zusagen! Vielleicht können aus der 1. auch noch 2-3 aushelfen.”

So oder so ähnlich klingen die Nachrichten, die von Trainern und Spielern 2. Mannschaften ungefähr wöchentlich aufploppen. Gerade so genug, um anzutreten, werden am Ende kommen. Darunter der, der eigentlich nur zum Saufen dabei ist und der, der eigentlich nicht viel mit Fußball am Hut hat, aber um fitter zu werden der Mannschaft seines Kumpels beigetreten ist. Vielleicht kommt dieses Wochenende ja noch der, der eigentlich zum Studieren weggezogen war, aber am Wochenende noch oft nach Hause fährt und ab und an zu den Spielen kommt. Egal, Hauptsache 11 Mann auf dem Platz und mit Glück mal auswechseln können. Die Aufstellung wird dann irgendwie aus denen gemacht, die da sind. Wirklich einspielen kann man sich natürlich nicht.

“Jungs, es werden sich doch wohl noch ein paar Leute finden!”

Schreibt einer der älteren Spieler in den Chat. Er ist seit er 6 Jahre alt ist im Verein und gibt natürlich immer alles für seinen Verein. Das erwartet er auch von den anderen. Die jungen Spieler gehen ihm mit ihrer Verspieltheit und ihrer Art zu sprechen gerne mal auf die Nerven, aber im Grunde sind das gute Jungs, meint er. Er selbst ist Teil einer Gruppe von 5-6 Spielern, die wirklich immer da sind, wenn sie können. Sie bilden das Fundament der Mannschaft, kennen sich meist schon lange und gehören allesamt nicht mehr zu den ganz jungen im Team. Spitznamen wie “Opa” kommen für den ältesten dieser Gruppe gerne mal in Frage. 

Die Trainingsbeteiligung ist ähnlich gut wie bei den Spielen. Ab und an kommt der ein oder andere Probespieler dazu. Sie kamen eigentlich um in der 1. Mannschaft zu spielen, wie die Hälfte des Teams, müssen sich aber erstmal in der 2. beweisen. Sind sie gut, werden sie eh früher oder später hochgezogen. Die 1. hat schließlich Prio. Gespielt wird im Grunde um nichts. Aufsteigen geht nicht, weil die 1. in der Liga drüber spielt und natürlich nicht beide Teams im gleichen Wettbewerb spielen dürfen.

“Wer nimmt die Trikottasche mit?

Wie jede Woche wieder ein Thema, meistens findet sich dann doch jemand. Spielen wollen am Ende ja doch irgendwo alle, denn sonst wäre man ja nicht da. Spielen einfach nur aus Spaß am Fußball. Auch wenn es um nichts geht, man jede Woche in anderer Konstellation aufläuft und dann nach dem 3:0 für die anderen die einen den Kopf hängen lassen und die anderen versuchen es im Alleingang zu regeln, also wirklich versuchen im Alleingang an allen vorbei zum Tor zu kommen, kommen jede Woche 11 Männer zusammen, die ihren Sonntag fürs Spiel opfern, weil sie einfach Bock auf Fußball haben. Bock gegen irgendeine andere Truppe, der es ja meistens genauso geht wie einem selbst, 90 Minuten alles zu geben. Danach 1.Herren Zuzuschauen und sie anzufeuern (die das umgekehrt natürlich nie tut) und mit den Mitspielern auszudiskutieren, dass man in der 2. Hälfte eigentlich ganz gut war.

Der Tag nach dem Spiel, 5:1 haben wir verloren. Mit dickem und blau angelaufenem Knöchel zur Arbeit humpeln. Der Oberschenkel schmerzt ebenfalls, trainiert wird diese Woche wohl nicht. Zum Spiel nächste Woche müssen wir wohl alle wieder kommen, auch mit ein paar Schmerzen. Wenn wir nicht genug Spieler haben, macht es keinen Sinn anzutreten. Nach dem dritten Nichtantritt müsste die Mannschaft abgemeldet werden. “Ich bin dabei, versuche mindestens 60 Minuten zu spielen!” in den Chat. Am Ende werden es vermutlich mehr. Aber ist ja auch egal. Lieber spielen wir einmal mit ein paar Wehwehchen, als gar nicht mehr. Denn dann fehlt uns das Gefühl den Ball am Fuß zu haben, der bedeutungslose Wettbewerb, der für 90 Minuten wichtiger ist als alles andere, das Einschwören vor dem Spiel, das unbeschreibliche Gefühl, wenn das eigene Team trifft, das Feiern von Siegen, selbst die schlechte Stimmung in der Kabine nach Niederlagen, das Bier nach dem Spiel, während man der 1. Mannschaft zuschaut und zu guter Letzt das wunderbare Gefühl nach einem langen Arbeitstag 2x die Woche am Abend auf dem Fußballplatz rumzulaufen und mit dem Team zu trainieren. 

Aus Liebe zum Fußball.

-Johann Nilius