Der Chemnitzer FC ist eine Institution des deutschen Fußballs. Seine Historie ist geprägt von politischen und wirtschaftlichen Zerreißproben, die den Verein nachhaltig geprägt haben. Hier fanden Ikonen des deutschen Fußballs, wie der ehemalige DFB-Kapitän Michael Ballack oder Trainer-Legende Hans Meyer, ein Zuhause. Ob Begegnungen mit Juventus Turin im UEFA-Pokal oder Zwangsabstiege in die Oberliga. Wir erzählen dir alles, was du über den ehemaligen DDR-Meister wissen musst.
Die Anfänge des Chemnitzer FC: ‚Quasi‘ Gründungsmitglied des DFB und ein Kantersieg gegen Real Madrid
Der Fußball in Chemnitz hat eine lange und tiefgreifende Tradition. Schon im Jahr 1899 gründeten Studenten den späteren Chemnitzer Ballspiel-Club. Dieser gilt durch seine Teilnahme am „1. Allgemeinen Deutschen Fußballtag“ im Jahr 1900 zu den Gründungsmitgliedern des DFB. Der CBC hatte eine kurze, aber erfolgreiche Zeit. Zu den Errungenschaften des Vereins zählen unter anderem der Mitteldeutsche Meistertitel (1927). Sechs Jahre später endete die erfolgreichste Ära des CBC infolge von finanziellen Problemen. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings auch bereits ein anderer Verein der Stadt auf dem Vormarsch. Der Chemnitzer Polizeisportverein (CPSV).
1920 gegründet, war der CPSV ursprünglich eine Sportgruppe für Uniformierte im Staatsdienst. Hier war sportliches Talent scheinbar gebündelt. Bereits fünf Jahre später spielte die erste Mannschaft in der höchsten Spielklasse der Stadt. Nach der Vizemeisterschaft 1930 wurde der CPSV 1932 Mitteldeutscher Meister. In den anschließenden Endrunden der deutschen Meisterschaft musste man sich im selben Jahr dann allerdings einem gewissen FC Bayern München geschlagen geben.
Die erfolgreiche Zeit des Chemnitzer Polizeisportvereins gipfelte im Bau eines neuen Stadions für den Verein. An der selben Stelle, an der auch der Chemnitzer FC heute seine Heimspiele austrägt, wurde 1934 das ‚Stadion an der Planwiese‘ gegen die SpVgg Greuther Fürth vor 25.000 Zuschauern eingeweiht. Nicht einmal einen Monat später kam es zum sportlichen Höhepunkt dieser Zeit. Mit Real Madrid reiste eine schon damals absolute Weltklassemannschaft nach Sachsen. Doch auch „die Königlichen“ konnten den lauf des CPSV nicht stoppen und wurden mit 5:2 regelrecht abgefertigt.
Nach dem Krieg: Die Fußballlandschaft in Chemnitz verändert sich
Diese beiden Vereine spielten noch, mit mäßigem Erfolg, bis in die 1940er Jahre in verschiedenen Ligen der Stadt. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurden auf Anweisung der sowjetischen Besatzer alle Sportvereine auf Dauer zerschlagen. Die zuvor florierende Fußballlandschaft in Chemnitz, inklusive des CBC und des CPSV, existierte plötzlich nicht mehr. Doch bereits 1946 regten sich erste Bestrebungen für einen sportlichen Neuanfang: In locker organisierten Gruppierungen wurden lokale Sportveranstaltungen ausgetragen, aus denen sich wieder Vereine bilden durften. Hier entstand die SG Chemnitz Nord.
Der Fußballabteilung der SG schlossen sich in dieser Zeit viele Akteure der zuvor zerschlagenen Chemnitzer Fußballklubs an. Schnell wuchs der Verein. Da in der sowjetischen Besatzungszone das Sportsystem in den folgenden Jahren immer wieder umgebaut wurde, war die SG einem kontinuierlichen Wandel unterzogen. Nach diversen Eingliederungen in Berufsverbände wurde aus dem Verein, auch im Zuge der Umbenennung der Stadt Chemnitz, der ‚Fußballclub Karl-Marx-Stadt‘ als Klubbezeichnung etabliert.
Auch sportlich war dies für alle eine turbulente Zeit. In der unmittelbaren Nachkriegszeit kickte die damalige SG Chemnitz Nord in der eigenständig organisierten örtlichen Bezirksliga. Im Zuge der Professionalisierung und Förderung des Fußballs durch die Politik gewann der Sport wieder an Bedeutung. Durch die Gründung des Fußballverbands der DDR und der damit einhergehenden Schaffung neuer nationaler Ligen fasste der populäre Sportklub Karl-Marx-Stadt schnell Fuß im Profifußball der Republik.
Der Meistertitel und Internationale Auftritte
Bis in die Mitte der 1960er Jahre bewegte sich der Verein zwischen der erstklassigen DDR-Oberliga und kurzzeitig auch der drittklassigen zweiten DDR-Liga. Als dann 1963 DDR-Ikone Horst Scherbaum die Geschicke als Trainer übernahm, startete eine neue Ära. Innerhalb weniger Jahre gelang es Scherbaum, eine erstklassige Mannschaft aus dem FCK zu formen. Mit einem Mannschaftsgebilde aus verdienten und erfahrenen Profis, sowie einer Reihe junger Talente begann der sportliche Aufstieg. Vor allem die Saison 1966/67 begann fulminant: Mit 16 ungeschlagenen Spielen in Folge war die Mannschaft in die Spielzeit gestartet. Auf dieser Erfolgswelle wurden die Karl-Marx-Städter am Ende der Saison mit sieben Punkten vor dem FC Lokomotive Leipzig Meister.
Trotz des in den Jahren zuvor eingesetzten positiven Wandels war der Meistertitel eine große Überraschung. Erst 1962 war der Klub wieder in die Oberliga aufgestiegen. Durch den Meistertitel qualifizierte man sich ebenfalls für den Europapokal der Landesmeister. Hier schied der FCK zwar bereits in der ersten Runde gegen den RFC Anderlecht aus, trotzdem wurde die Rückkehr in den internationalen Fußball gefeiert. Die Meistermannschaft von 1967 hat in der Fanszene des Vereins einen Legendenstatus. Der Titelgewinn markierte allerdings auch den Höhepunkt des Vereins. Zu dominant und anziehend waren die großen Vereine aus Leipzig und Berlin für junge und talentierte Spieler. Bereits drei Jahre später stieg der Sportclub Karl-Marx-Stadt wieder in die zweite Liga ab.
Bereits eine Saison später konnte der erneute Aufstieg ins Oberhaus des DDR-Fußballs sichergestellt werden. Im folgenden Jahrzehnt bewegte sich die Mannschaft zumeist im Mittelfeld der Oberliga. In der Saison 1988/89 erlebte der Sportclub unter Cheftrainer Hans Meyer noch eine kurze Renaissance: Durch einen sehr guten dritten Platz in jener Spielzeit kehrte man noch einmal ins internationale Geschäft zurück. In der folgenden UEFA-Pokal Saison war nach überraschenden Siegen gegen Boavista Porto (Portugal) und den FC Sion (Schweiz) im Achtelfinale gegen den späteren Titelgewinner Juventus Turin Schluss. Beide Spiele (0:1 und 1:2) gingen knapp verloren.
Nach der Wende: Neuanfang als Chemnitzer FC
Die letzte Oberliga-Saison in der Geschichte des DDR-Fußballs schloss der FC Karl-Marx-Stadt auf dem fünften Tabellenplatz ab. Durch diesen qualifizierte sich der Verein für die 2. Bundesliga. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung mussten sich die ehemaligen DDR-Vereine größeren strukturellen Wandeln unterziehen. Zunächst einmal wurde Karl-Marx-Stadt in Chemnitz zurückbenannt. Dadurch nahm auch der Fußballverein den alten Stadtnamen an. Der Chemnitzer FC war „geboren“. Für die Fußballvereine der ehemaligen DDR war die Wiedervereinigung eine immense Herausforderung: Jenseits der Grenze warteten Vereine von Weltformat. Dieser Prestige-Vorteil, sowie die finanziellen Zuwendungen führten zu einem regelrechten Ausverkauf der alten Ostvereine. Viele große Spieler wanderten zu Vereinen wie Schalke, Köln oder dem FC Bayern ab.
Langsamer Niedergang trotz Michael Ballack
Der Chemnitzer FC fand sich im neuen Fußballerischen Umfeld indes schnell zurecht. Die erste Saison in der zweiten Bundesliga konnte auf einem achtbaren vierten Tabellenplatz abgeschlossen werden. Zudem gelang dem CFC 1993 der Einzug ins Halbfinale des DFB Pokals, dort scheiterte man an der Hertha aus Berlin.
1996 stieg der Verein aus der 2. Liga in die Regionalliga ab. Daran konnte auch ein gewisser Michael Ballack nichts ändern. Der junge Mittelfeldspieler absolvierte seine erste Saison als Profi für die Chemnitzer. Zuvor hatte er bereits für die Jugendauswahl und die Amateure das himmelblaue Trikot übergestreift. In der folgenden Saison entwickelte sich der spätere Kapitän der deutschen Nationalmannschaft zum Führungsspieler. Mit dem CFC verpasste er 1997 knapp den Aufstieg, bevor sein Wechsel zum 1. FC Kaiserslautern bekannt wurde.
Auch ohne Ballack gelang Chemnitz noch einmal die Rückkehr in die zweite Bundesliga. Gefolgt von einem weiteren Abstieg in die dritte Liga, konnte der sportliche Rückgang nicht gebremst werden. Durch die Regionalliga stürzte der Verein 2007 bis in die Oberliga Süd.
Rückkehr in den Profifußball und Absturz zum Tiefpunkt
Nach der Zeit sportlicher Tristesse deutete sich gegen Ende der Nullerjahre Besserung an, nachdem man sich bereits zur Saison 2008/09 für die neu gegliederte Regionalliga qualifizierte. In der Saison 2010/11 erreichte der CFC mehrere sportliche Erfolge: zum einen gelang der Einzug in die zweite Runde des DFB-Pokals. Durch einen überraschenden 1:0-Erfolg über den FC St. Pauli schied die Mannschaft zwar in der zweiten Runde gegen Stuttgart aus, der finanzielle Zuschuss war dennoch ein Segen für den zu diesem Zeitpunkt schon klammen Verein. Zudem wurde am 33. Spieltag mit einem 1:0 Erfolg über RB Leipzig die Rückkehr in die dritte Liga besiegelt.
Langfristig konnte dieser Aufschwung die Lage des angeschlagenen Klubs nicht verbessern. Immer wieder stand der CFC in den folgenden Spielzeiten zwar im oberen Mittelfeld der Tabelle. Interne Konflikte führten jedoch regelmäßig zu einem Wechsel in der Führungsetage des Vereins. Die Krise spitzte sich zu, als 2016 Schulden im Millionenbereich bekannt wurden. Durch diese Affäre wurde der Sportvorstand erneut entlassen.
Nachdem die Saison 2016/17 auch sportlich unter den Erwartungen verlief, – man konnte nicht in das Rennen um den Aufstieg eingreifen – geriet unter Last der finanziellen Schulden die Lizenz für die Saison 2017/18 in Gefahr. Unter immensem Kraftaufwand konnten die nötigen Finanzmittel für die Spielberechtigung aufgebracht werden. Schlussendlich erklärte der Verein dennoch seine Insolvenz am 10. April 2018.
Somit war der Verein am Tiefpunkt. Durch eine in den DFB-Statuten verankerte Regel, wurden dem Verein im Mai 2018 zusätzlich 9 Punkte als Strafe abgezogen. Das gab dem bereits abgeschlagenen Chemnitzer FC den Rest. Der Abstieg in die Regionalliga konnte nicht mehr verhindert werden.
Der Chemnitzer FC: Rettung und Ausbau der Talentförderung
Die Fußballstadt Chemnitz eilte dem schwer angeschlagenen Verein zur Hilfe. Zum einen einigte sich der Verein mit der Stadt über eine finanzielle Unterstützung. Doch auch die aktive Fanszene setzte sich für den CFC ein: Mit Aktionen wie „10.000 plus X“ warben die Fans aktiv für den Ticketkauf und halfen dem Verein so aus seiner schwersten Zeit. Auch der „Capitano“ Michael Ballack hatte seinen Anteil. Er spendete dem Verein 40 Trikots aus seiner aktiven Zeit. Der Erlös dieser Sammlerstücke belief sich auf knapp 40.000 Euro.
Seit beginn diesen Jahres ist der Chemnitzer FC schuldenfrei. Momentan steht der Verein im Mittelfeld der Regionalliga Nordost. Man scheint aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben. Das ausgeschriebene Ziel ist langfristige finanzielle Stabilität. Hierfür konzentriert sich der CFC auf die weitere Förderung von Talenten. Das vom DFB zertifizierte Ausbildungszentrum bietet hierfür beste Voraussetzungen. Auch auf dem Platz ging es für den Klub wieder vorwärts. In einem torreichen Finale mit einer beinahe-Sensation gewann der Klub 2020 den sächsischen Landespokal.
Unter dem Motto „Jetzt erst Recht“ hat der Chemnitzer FC sich erfolgreich aus der Krise gekämpft. Die goldenen Zeiten mögen vorerst vorbei sein, abschreiben sollte man den Traditionsverein aber auf keinen Fall.
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Der Chemnitzer FC hat den Sprung aus der Insolvenz geschafft und sich sportlich wie wirtschaftlich stabilisiert. Auch wenn man zuletzt im diesjährigen hochdramatischen Finale des Sachsenpokals eine herbe Niederlage gegen LOK Leipzig einstecken musste, ist der CFC auf einem guten Weg. Wenn du weitere Portraits, Spielzusammenfassungen und -analysen sehen willst, bleib mit uns am Ball! Wir bieten dir spannenden Content rund um den Amateurfußball aus der ganzen Republik. Ob Regionalligen, Verbandspokale oder auf den Ascheplätzen der Nation, wir sind für dich vor Ort! KICK.TV, deine Plattform für den echten Fußball.