Die erste Runde des DFB-Pokals. Für die meisten Bundesligisten ist es nicht mehr als eine Pflichtaufgabe vor dem Saisonstart, für andere Amateurkicker das Highlight ihrer Karriere. In diesem Jahr gibt es gleich zwei Pokalneulinge. Einer davon ist der SV Oberachern. Und die Schwarzwälder haben mit Borussia Mönchengladbach eines der ganz großen Lose gezogen. Alles, was ihr jetzt über den Oberligisten wissen müsst, erfahrt ihr hier!
Das berühmte gallische Dorf – Das ist der SV Oberachern
Mit knapp 4.500 Einwohnern wird Oberachern wahrscheinlich nur dem geneigten Schwarzwald-Touristen ein Begriff sein. Der größte Stadtteil der Kreisstadt Achern liegt fast genau auf halber Strecke zwischen Freiburg und Karlsruhe an der A5. Nach der Auslosung der ersten Runde des DFB-Pokal dürfte aber vor allem im knapp vier Autostunden entfernten Mönchengladbach der ein oder andere Gladbach-Anhänger die Internet-Suchmaschine des Vertrauens angeschmissen haben, um Näheres über den kommenden Gegner – den SV Oberachern – zu erfahren.
Na das ist mal ein Gegner für die erste DFB-Pokal-Partie der Vereinsgeschichte. So oder so ähnlich dürften die Gedanken bei den Verantwortlichen und Spielern des Oberligisten SV Oberachern gewesen sein, nachdem Losfee und Ex-BVB-Profi Kevin Großkreutz diese Paarung aus der Lostrommel zog.
Vom sichergeglaubten Absteiger zum Landespokalsieger
Vor der abgelaufenen Spielzeit hätte dieses Fußballmärchen beim Team vom Waldsee wohl kaum einer für möglich gehalten. Der SV Oberachern ging als der Abstiegskandidat schlechthin in die Spielzeit 2021/22 in die Oberliga Baden-Württemberg. Das lag primär am riesigen Umbruch, der im vergangenen Sommer stattfand. Sage und schreibe 20 Spieler verließen den Verein, während bei den 15 Neuzugängen der Fokus fast ausschließlich auf junge, aufstrebende Talente im Alter von 18 bis 23 Jahren gelegt wurde.
Das im Fußball jedoch gerne alles anders abläuft als zuvor angenommen, zeigte der Saisonverlauf. Oberachern schaffte mit dem 13. Platz nicht nur souverän den Nicht-Abstieg, sondern sicherte sich im Landespokalfinale (Südbaden) obendrein durch einen 2:0-Erfolg über die DJK Donaueschingen den SBFV-Pokal und damit das Ticket für die erste Hauptrunde des DFB-Pokals.
Eine Mischung aus Talent und Erfahrung – Der Kader des SV Oberachern
Die ganz großen Namen sucht man bei den Kickern vom Waldsee vergebens. Der Kader ist gespickt mit talentierten Nachwuchsspielern. Somit überrascht es wenig, dass der SVO eine der jüngsten Mannschaften in der Oberliga Baden-Württemberg stellt. Einer der ältesten im Kader ist mit 29 Jahren Torhüter Mark-Patrick Redl. Redl hat ein bewegte Fußballkarriere hinter sich mit Stationen bei den zweiten Mannschaften von Borussia Dortmund, der TSG Hoffenheim und dem 1. FC Kaiserslautern. Außerdem war er für den aktuellen Ligarivalen, die Stuttgarter Kickers, bereits zwölfmal in der 3. Liga aktiv. Seit vergangenem Sommer ist er die neue Nummer eins beim Pokalneuling.
Aufpassen muss die Borussia aus Mönchengladbach auch vor allem auf die beiden Offensivakteure Cemal Durmus und Nico Huber. Mit zusammen 25 Ligatoren hatten Durmus und Routinier Huber entscheidenden Anteil am Ligaverbleib des SV Oberachern. Neben dem Offensivduo sollte die Gladbacher-Defensive auch Luca Fritz auf dem Schirm haben. Von Hause aus eigentlich Innenverteidiger, war Fritz in der vergangenen Spielzeit mit neun Toren nicht nur drittbester Torschütze des SVO, sondern mit vier Vorlagen auch der Spieler mit den meisten Assists beim Pokal-Underdog.
Eine etwas andere Spielerpersönlichkeit ist der Franzose Nathan Recht. Mit 18 Jahren schaffte er den Sprungs vom sozialen Brennpunkt in Strasbourg zur Nike Academy nach London. Nach nur einem Jahr zog es ihn zurück in die deutsch-französische Grenzregion zum SV Linx. Nach sechs Spielzeiten beim aktuellen Verbandsligisten ging es in diesem Sommer eine Liga höher zum SV Oberachern, wo der schnelle und technisch beschlagene Recht primär die offensiven Außenpositionen verstärken soll.
Organisatorischer Aufwand gepaart mit finanziellem Segen
Das der DFB-Pokal nicht nur eine sportlich reizvolle, sondern auch finanziell bedeutende Angelegenheit für die Amateurvereine ist, dürfte unlängst bekannt sein. In diesem Jahr schüttet der DFB mit 209.247 Euro eine Rekordprämie für die Teilnehmer der ersten Runde aus. Das sind über 30 Prozent mehr als in der letzten Spielzeit vor der Pandemie. Das an die immensen Einnahmen auch riesige Ausgaben und organisatorische Herausforderungen gebunden sind, ist den wenigsten bewusst.
„Ich hätte schon 2.000 Karten vergeben können, so viele Leute haben mich angerufen und angesprochen“, so Ralf Lorenz, Vorsitzender des SV Oberachern, im bnn. Weder der heimische Sportplatz am Waldsee noch das Hornisgrindestadion in Achern entsprechen den Anforderungen des DFB. Mit dem Rheinstadion im nahen Kehl und dem Dreisamstadion in Freiburg waren zwei Alternativen schnell gefunden. Am Ende entschloss man sich beim SVO nach reiflicher Überlegung für das Letztere, dem langjährigen Stadion des SC Freiburg. Die Entscheidung viel primär aufgrund von zweierlei Faktoren. Das Dreisamstadion bietet eine größere Zuschauerkapazität gepaart mit mehr Sitzplätzen und einer deutlich besseren Infrastruktur, die den organisatorischen Aufwand erleichtert. Vor allem Letzteres dürfte den Ausschlag gegeben haben.
Dennoch wird von der vom DFB ausgegebenen Prämie am Ende, unter idealen Voraussetzungen, maximal die Hälfte übrig bleiben. Vor allem die Kosten für den Sicherheitsdienst und die Endreinigung des Stadions belaufen sich auf fast 100.000 Euro. Dazu kommen weitere Aufwendungen wie die Bezahlung des Schiedsrichterteams und etwaige andere Ausgaben. Am Ende wird es die Zuschauerzahl sein, die das berühmte Zünglein an der Waage ist, was das Finanzielle anbelangt. Bis jetzt wurden etwa 11.000 Tickets verkauft, 15.000 dürfen am Wochenende mit dabei sein.
Wohin der Gewinn am Ende gehen soll, steht auch schon fest. Eine neue Flutlichtanlage samt LED-Leuchten soll am Sportplatz am Waldsee gebaut werden.
Ein Highlight jagt das Nächste – Der turbulente Saisonstart des SV Oberachern
In der kommenden Spielzeit ist der Klassenerhalt erneut das ausgegebene Ziel. Die Mannschaft der erfolgreichen vergangenen Saison konnte zu einem großen Teil gehalten werden, auch aufgrund der langfristigen Verträge. Die sportliche Herausforderung ist jedoch nicht kleiner geworden. Mit dem Regionalliga-Absteiger SG Sonnenhof Großaspach ist eine Mannschaft mit Profierfahrung neu in der Oberliga Baden-Württemberg vertreten. Dazu kommen der Vizemeister, die Stuttgarter Kickers sowie der Aufstiegskandidat Göppinger SV und die ambitionierten Landesliga-Aufsteiger FC Holzhausen, FSV Hollenbach und ATSV Mutschelbach 1904.
Nach dem Highlight im DFB-Pokal wartet direkt der nächste Höhepunkt auf den SVO. Zum Oberliga-Auftakt am 5. August geht es ausgerechnet im Derby gegen den Offenburger FV. Danach warten mit Großaspach und den Stuttgarter Kickers gleich zwei Meisterschaftskandidaten in der Oberliga Baden-Württemberg. Langweilig dürfte es somit in den kommenden Wochen beim SV Großachern nicht werden.
Jetzt wünschen wir den Kickern und allen Fans des SV Oberachern aber erst einmal viel Glück und Erfolg gegen die Borussia. Vier Klassen liegen zwischen beiden Vereinen. Auf dem Papier ist es eine klare Angelegenheit. Doch wer weiß, der Pokal schreibt ja bekanntlich seine eigenen Gesetze…
Titelbild von: https://www.facebook.com/SBFVde