von Loris Timmermann
Dennis Kutrieb ist neben Jürgen Klopp der einzige weitere deutsche Trainer in England. In einer historischen Saison gewann er mit Ebbsfleet United in diesem Jahr die Meisterschaft der sechsten Englischen Liga. Im Interview mit KICK.TV spricht er über die kommende Saison in der fünftklassigen National League, neue Herausforderungen und seine persönlichen Ziele für die Zukunft.
KICK.TV: Eine sensationelle Saison von Ebbsfleet United neigt sich dem Ende entgegen. Was steht jetzt für dich und die Mannschaft an, nach so einer erfolgreichen Saison?
Dennis Kutrieb: Ich denke als Trainer läuft man oft Gefahr, Erfolge gar nicht richtig genießen zu können, da man sich direkt auf die kommenden Aufgaben fokussiert. Deswegen liegt bei uns jetzt erst mal der Fokus darauf, unseren Verdienst der Saison zu genießen. Wir haben zehn Monate lang hart gearbeitet, haben insgesamt zwischen 50 und 60 Spiele absolviert – und das wurde jetzt belohnt! Wir wollen die Zeit jetzt nutzen, um unsere Erfolge auch zu genießen, und in den kommenden Tagen stehen für die Mannschaft einige Feierlichkeiten an. Trotzdem geht es natürlich schon an die Kaderplanung für das nächste Jahr. Wir versuchen möglichst viele unserer Spieler zu halten, wollen uns aber auch mit einigen Neuzugängen verstärken.
KICK.TV: Du hast es bereits angeschnitten: Die Kaderplanung für nächstes Jahr geht los. Wie schwierig wird es für euch, nach so einer Saison eure Top-Spieler zu halten?
Dennis Kutrieb: Im Optimalfall schaffen wir es natürlich, alle unsere Spieler zu halten. Nach so einer erfolgreichen Saison ist das jedoch nicht immer einfach, da die Spieler für ihren Verdienst honoriert werden wollen und einiges mehr an Geld verdienen wollen. Da uns trotz des Aufstieges kein weitaus größeres Budget zu Verfügung steht, ist es uns nicht möglich, den Spielern viel größere Summen zu zahlen. Daher liegt es nun an unseren Spielern, dies zu verstehen und zu akzeptieren, wenn sie bei uns bleiben wollen. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir es schaffen werden, viele unserer Spieler zu halten und sehe die Situation eigentlich relativ gelassen.
KICK.TV: Wie geht ihr die kommende Saison in der National League an: Titeljagd, oder erst mal Fuß fassen?
Dennis Kutrieb: Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich immer gewinnen will und es hasse zu verlieren. Deswegen ist mein persönliches Ziel natürlich aufzusteigen. Wenn wir es schaffen, den Großteil des Kaders zu halten und uns eventuell noch auf der ein oder anderen Position verstärken können, bin ich guter Dinge, dass wir auf jeden Fall oben mitspielen können. Ich denke wir werden als Aufsteiger von den meisten Teams unterschätzt, gerade zu Beginn der Saison. So könnte man sich eventuell bis zum Winter eine gute Ausgangsposition verschaffen, und dann versuchen, diese mit weiteren Neuzugängen zu verteidigen.
KICK.TV: Das Ligasystem in England unterscheidet sich stark von dem in Deutschland. In England ist die vierte und fünfte Liga jeweils eingleisig, wohingegen die vierten und fünften Ligen in Deutschland fünf- bzw. fünfzehngleisig sind. In welcher Liga könnte Ebbsfleet United in Deutschland bestehen?
Dennis Kutrieb: Das ist auf jeden Fall schwierig zu sagen und es ist nicht einfach, die Ligen miteinander zu vergleichen. Grundsätzlich kann man sagen, dass wir bei Ebbsfleet alle Profis sind. Kommende Saison in der National League ist es bei 23 von 24 Clubs genauso. In der National League South, der Liga, in der wir jetzt Meister geworden sind, sind es ungefähr 50% Profis und 50% Amateure. Ich denke daher ist diese Liga vergleichbar mit einer Regionalliga in Deutschland. Die meisten Mannschaften aus der National League hingegen könnten meiner Meinung nach locker in der 3. Liga in Deutschland mithalten.
KICK.TV: Bevor du nach England gekommen bist, hast du bereits in Deutschland als Trainer gearbeitet. Mit TeBe Berlin hast du u.a. die Meisterschaft in der NOFV-Oberliga Nord geholt. Wie sehr unterscheiden sich die Abläufe innerhalb einer Mannschaft zwischen einem englischen Sechstliga-Team und einem deutschen Fünftliga-Team?
Dennis Kutrieb: Da wir bei TeBe Berlin auch schon recht professionell waren, unterscheiden sich die Abläufe im Team nicht großartig. Aber das gesamte System in England ist natürlich vollkommen anders. In meinen Augen gibt es dort weitaus bessere Strukturen als in Deutschland. Fast jeder Club hat hier einen Eigentümer, der alleine über alles entscheidet, was im Verein geschieht. So kann dieser auch dafür sorgen, dass die bestmöglichen Bedingungen für den Verein geschaffen werden. Davon können Trainer wie ich stark profitieren und ich kann nur sagen, dass das für mich Fußball ist, wie ich ihn mir wünsche.
KICK.TV: Hast du ein persönliches Ziel, was du in der Zukunft noch unbedingt erreichen willst?
Dennis Kutrieb: Ich habe immer gesagt, dass ich als Trainer mehr erreichen will, als ich als Spieler geschafft habe. Ich habe in Deutschland in der 3. Liga gespielt, daher war mein Ziel immer mindestens in der 2. Bundesliga zu coachen. Jetzt mit dem Wechsel nach England will ich aktuell erst einmal eine Liga nach der nächsten im Englischen System erklimmen. Als kleines Etappenziel sozusagen möchte ich erst einmal mit Ebbsfleet in die League Two aufsteigen (Anm. d. Red: Die vierte Englische Liga). Langfristig will ich aber auch in England mindestens in die zweite Liga kommen und natürlich würde ich auch sehr gerne einmal einen Premier League-Club trainieren. In den letzten zweieinhalb Jahren habe ich mich sehr gut in England eingelebt und würde aktuell auch lieber hier arbeiten als in Deutschland. Wenn ich zurück nach Deutschland kommen sollte, dann nur um dort in der 2. Bundesliga zu coachen.
KICK.TV: Wir wünschen dir auf jeden Fall viel Glück beim Erreichen deiner Ziele. Vielen Dank für deine Zeit und viel Erfolg euch für die kommende Saison!
Dennis Kutrieb: Danke auch!