Tennis Borussia Berlin. Ein Verein, der 1902 ursprünglich als Tennis- und Tischtennisgemeinschaft gegründet worden war, fand schnell seine eigentliche Bestimmung: Den Fußball – Für 50 Pfennig. Dem ewigen Stadtrivalen Hertha BSC musste man sich sportlich zwar jahrzehntelang beugen. Der krisengebeutelte Klub schaffte es aber in seiner Historie des Öfteren, sich aufzurappeln und den Anschluss an den Spitzenfußball zu halten. Die „Lila-weißen“ bleiben bis heute ein echter Traditionsklub und eine Herzensangelegenheit für viele Berliner. Die Höhen und Tiefen von über einem Jahrhundert Vereinsgeschichte könnt ihr hier nachlesen.
Tennis Borussia Berlin – Mit 50 Pfennig eingekauft ins Fußballgeschäft
Vor knapp 120 Jahren fanden sich 12 junge Herren in der Konditorei an der Spandauer Brücke 13 ein. Sie beschlossen, einen neuen Verein zu gründen, damit sie ihre gemeinsamen Ressourcen möglichst effektiv auf das Ziel, den Tennis- und Ping-Pong Sport richten konnten. Der Vorreiter der heutigen Tennis Borussia war geboren. Der Name damals: Berliner Tennis- und Ping-Pong-Gesellschaft Borussia. Keiner der Anwesenden konnte allerdings ahnen, welche Geschichte ihr neues Projekt nehmen würde. Und da die Gründung der „Veilchen“ mittlerweile weit über ein Jahrhundert zurückliegt, konnten nicht einmal alle Namen der Gründungsmitglieder überliefert werden.
Zuerst sollte hier aber, wie der Name eigentlich sagt, Tennis im Vordergrund stehen. Dieses Vorhaben gestaltete sich jedoch als schwierig und machte sich bei einer geeigneten Platzwahl bemerkbar. Nach dem Gewinn eines Turnieres im Mai 1903 richteten immer mehr Berliner Sportfreunde die Augen auf den neuen Klub. Um diese Gelegenheit des Wachstums nicht verstreichen zu lassen, regt eins der Gründungsmitglieder, Alfred Lesser, bei der Preisverleihung jenes Wettkampfes die Gründung einer Fußballabteilung an. In erster Linie sollte damit verhindert werden, dass der kommende Winter ohne sportliche Betätigung vorübergeht. Denn in der vierten Jahreszeit galt vor allem Tischtennis als unspielbar.
Veilchen Lila-Weiß statt preußisch Schwarz-Weiß
Und so wird am 14. August 1903 schließlich die erste Fußball-Abteilung gegründet. Für 50 Pfennig erwirbt Lesser Fußballstangen und eine Lizenz der Spielvereinigung Neu-Seeland, deren Mitglieder in einer patriotischen Anwandlung dem B.T.C. Borussia beitraten. Die erste Amtshandlung: Genannte Spielstangen in die preußischen Farben Schwarz und Weiß umlackieren. Da auch viele andere Berliner Vereine dieser patriotischen Handlung nachgingen, entschieden sich die Tennis Borussen aus pragmatischen Gründen für eine Veränderung. Ab dem Jahr 1910 lief man fortan in Lila-weiß auf. In diesem Zuge entwickelte sich auch der Spitzname „Veilchen“ für die Borussen, angelehnt an die violette Pflanze.
Schneller Aufstieg – „Fünfe sind schon drinne“
Der Verein, vor allem aber die Fußballabteilung entwickelte sich prächtig. 1906 kickten drei Mannschaften für die Tennis Borussen, und nach einer kurzen Krisenphase in der Saison 1907/08 gelingt nur zwei Jahre später der Aufstieg in die höchste Berliner Spielklasse, wo sich die „Veilchen“ fortan festsetzen. Die Ansprüche ans eigene Leistungsvermögen sind hoch. Unser Lösungswort hieß damals „Fünfe sind schon drinne“, schrieb Walter Lutzenberger. Erst mussten fünf Tore erzielt sein, ehe sich die Mannschaft etwas Ruhe gönnte und einige „Mätzchen“ zum Besten gab.
Massive Einschnitte folgten dann aber bedingt durch den 1. sowie den 2. Weltkrieg. Nach beiden sah man sich, wie viele andere Vereine auch, vieler Probleme ausgesetzt und es dauerte jeweils, bis sich die „Veilchen“ wieder erholt hatten. Aus beiden Krisen ging man allerdings als Pionier hervor.
Tennis Borussia Berlin geht voran
So hatte Tennis Borussia als einer der ersten Vereine im deutschen Sprachraum einen professionellen Geschäftsführer. Ebenso einen Sportarzt. Der Verein war eine Wiege des modernen Fußballs in Deutschland. Des Weiteren überraschte man mit einer Weltoffenheit und Toleranz, die nicht immer überall Anklang fand. Als Pionier gelten die „Veilchen“ auch im Bereich Frauenfußball, den sie im eigenen Klub entscheidend weiterentwickelten. Auch heute noch positioniert man sich klar gegen jegliche Form von Rassismus und Ungleichheiten. Mehr dazu erfahrt ihr hier.
Auch den Fußball an sich prägte TeBe zunehmend mit. Die „Veilchen“ experimentierten mit Methoden und Taktiken, die den deutschen Sport nachhaltig veränderten. Dazu gehörten das WM-System oder die Manndeckung. Der Einfluss des heutigen Amateurklubs war also größer, als die bloße Summe gewonnener und verlorener Spiele es nahelegt.
1945 – Ein Neuanfang mit Erfolg
Vordenkendes Handeln und Entschlossenheit führten dazu, dass man in der Nachkriegszeit zu den führenden Fußballmannschaften Berlins mitzählte. Dabei wurde Tennis Borussia Berlin nach dem Ende des zweiten Weltkriegs zunächst als SG Charlottenburg neu ins Leben gerufen. So konnte man in jenem Stadion spielen, welches den Krieg weitestgehend intakt überstanden hatte.
Im Mommsenstadion blickten die „Veilchen“ zunächst in eine blühende Zukunft. In der Saison 1946/47 schoss sich die SG Charlottenburg zur Stadtmeisterschaft. Allein auf Stürmer Hanne Berndts Konto gingen 53 von 89 Treffern. Er läutete damit ein lila-weißes Jahrzehnt ein (die Rückbenennung erfolgte 1949). Im Fußball waren die Borussen mit den Meisterschaften von 1950, 1951, 1952 und 1958 die unumstrittene Nummer Eins in der Stadt.
Vor Start der Bundesliga – Tennis Borussia Berlin nur noch die Nummer Drei Berlins
Kurz vor dem Start der deutschen Fußballbundesliga kam es allerdings zu einem sportlichen Abstieg. Die „Veilchen“ begannen, ihre Rolle als Nummer Eins des West-Berliner Fußballs an die Konkurrenten Hertha BSC und Tasmania Berlin zu verlieren. Mit dem Mauerbau 1961 verringerten sich die Zuschauerzahlen um etwa ein Drittel, sodass TeBe auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu Beginn der 60er Jahre nicht bundesligareif war. In weiser Voraussicht bewarb man sich somit nicht um einen Startplatz in der zur Saison 1963/64 startenden Eliteliga.
Der Traum Bundesliga währt nur kurz
Die Einführung der landesweiten Spielklasse kam für den Klub also zu spät. Die „Lila-weißen“ fanden sich, im Gegensatz zu ihren beiden Berliner Konkurrenten, in der zweitklassigen Regionalliga wieder. Man konnte allerdings verhindern, ganz in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Von Zeit zu Zeit hatte man zudem auch sportliche Erfolge zu verzeichnen. In den Spielzeiten 1974/75 und 1976/77 schaffte man es endlich, sich in der Bundesliga mit den ganz Großen zu messen. Zum Leidwesen des Vereins und der Fans konnte sich TeBe dort aber nie festsetzen. Den beiden Aufstiegen folgte der direkte Wiederabstieg in die 2. Bundesliga.
Zu allem Überfluss musste die Borussia in der Saison 1980/81 den schweren Gang in die Drittklassigkeit antreten. Das resultierte aus der Zusammenführung beider zweiten Bundesligen (Nord und Süd) und den schwachen Platzierungen der vergangenen Jahre. Bis auf den Ausreißer im Jahr 1985 (2. Bundesliga) spielten die Berliner fortan in der Oberliga Berlin.
Der Hochphase folgt die Ernüchterung – Der Absturz von Tennis Borussen
Zwischen 1993 und 2000 erlebte der Verein eine kurze Blütephase: TeBe spielte für einige Jahre in der nun eingleisigen 2. Bundesliga. Im DFB-Pokal gelang 1993/94 sogar der Einzug ins Halbfinale, in dem man 0:2 gegen Rot-Weiss Essen unterlag. 1998/99 wurde u. a. Hertha BSC vor 40.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion mit 4:2 geschlagen.
Für Euphorie war aber nur wenig Zeit: Nach finanziellen Ungereimtheiten um den Hauptsponsor „Göttinger Gruppe“, der aus Tennis Borussia eine Aktiengesellschaft machen wollte, erhielt TeBe 2000 keine Lizenz mehr für den Profifußball. 2001 beendete man die Regionalliga-Saison als Tabellenletzter, die Berliner stiegen in die Oberliga Nordost ab und waren somit erstmals in der Vereinsgeschichte viertklassig.
Endgültiger Abstieg in den Amateurbereich
Mit Einführung der 3. Liga 2008 spielte TeBe erstmals in der Vereinsgeschichte fünftklassig, die Saison 2008/09 schloss man jedoch überlegen als Tabellenerster ab und schaffte damit die Rückkehr in die viertklassige Regionalliga Nord.
Aus dieser stieg man allerdings nach nur einem Jahr umgehend wieder ab. Am 21. Mai 2010 stellte der Verein beim Amtsgericht in Charlottenburg einen Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens, das erfolgreich abgeschlossen wurde. Nach einer schwachen Saison 2010/11 stürzten die krisengebeutelten Borussen zum ersten Mal in die sechste Liga ab.
Wo spielt die Tennis Borussia heute? Mit KICK.TV am Ball bleiben
Somit spielte man Anfang des neuen Jahrzehnts erstmal in der Berlin-Liga. Nach der Rückkehr in die Oberliga im Jahr 2016 gab es für die „Veilchen“ dann nur noch ein Ziel: Zurück in die Regionalliga! Bevor das Vorhaben in die Tat umgesetzt werden konnte, musste zuerst eine weitere Krisenzeit überstanden werden. 2019 kam es zu einem Disput zwischen den Anhängern und dem damaligen Vorstandschef und Hauptsponsor Jens Redlich. Viele Fans verließen den Verein. Ein Teil von ihnen sorgte aber letztlich dafür, dass Redlich entmachtet wurde und zwei neue Vorstände installiert werden konnten.
Sportlich gesehen verfielen die „Veilchen“ aber nie ins Chaos. Im Gegenteil: Zum Zeitpunkt des Abbruchs der Saison 2019/20, bedingt durch die Corona-Pandemie, lag TeBe fünf Punkte vor dem Greifswalder FC an der Tabellenspitze. Der Nordostdeutsche Fußballverband beendete am 5. Juli 2020 offiziell die Spielzeit und erklärte Tennis Borussia zum Aufsteiger in die Regionalliga. Wie eindrucksvoll die Berliner in diesem Jahr spielten, kannst du dir hier nochmal anschauen. Neben schönen Toren aus dem Aufstiegsjahr haben wir aber noch viele weitere Beiträge über Tennis Borussia. Unter anderem ein spannendes Interview mit TeBes Stadionsprecher Carsten Bangel, der den Weg vom insolventen Chaosklub bis zum Regionalligaverein mitgemacht hat.
Trotz des pausierenden Spielbetriebs in der Regionalliga Nordost versorgt dich KICK.TV weiterhin mit mitreißendem Content rund um den Amateurfußball Deutschlands. Egal, ob Fan von TeBe, dem Stadtrivalen BFC Dynamo oder einem anderen Amateurverein aus Deutschland. Auf der größten Videoplattform für den Amateurfußball findet jeder Liebhaber etwas!