Von Mirko Schöbel
In wenigen Wochen erwacht der Amateurfußball aus dem Winterschlaf. Das bedeutet, dass die Saison in die heiße und vor allem entscheidende Phase gelangt, in der über Meisterschaften, Auf- und Abstiege entschieden wird, jedoch auch über den Gewinn der 21 Landespokale. Abseits des Platzes wirft das Jahr 2023 Fragen auf: Wird es in der Saison 2023/24 zu Regeländerungen bezüglich des Drittligaaufstiegs kommen? Kommt die Zeitstrafe in weiteren Landesverbänden? KICK.TV blickt auf das neue Jahr 2023.
21 Landespokalfinalspiele an einem Tag – der Finaltag der Amateure
In einigen Regionen Deutschlands werden Anfang des Jahres noch vereinzelte Achtelfinalspiele im Landespokal ausgetragen, wie zum Beispiel in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. In Hamburg werden Anfang des Jahres noch alle 16 Mannschaften ihre Achtelfinalspiele bestreiten, da diese kurz vor Weihnachten witterungsbedingt allesamt abgesagt worden sind. In anderen Gebieten Deutschlands hingegen stehen die letzten Vier in den Landespokalen schon fest und es kommt zu spannenden Halbfinalspielen. Alle Mannschaften, die in den Landespokalen überwintern konnten, haben ein festes Ziel: das Erreichen des Finales. Und somit auch Teil eines ganz besonderen Tages für den Amateurfußball zu sein – dem Finaltag der Amateure am 03. Juni 2023.
Dieses Jahr findet der Finaltag der Amateure bereits zum achten Mal statt. Nicht nur die Chance auf den Gewinn des Landespokals macht diesen Tag so besonders, sondern gleicherweise das, was drumherum passiert. Im vergangenen Jahr strömten ca. 80.000 Zuschauer in die Stadien der Republik, um ihre Mannschaften im Landespokalfinale zu feiern. Dazu kamen über zwei Millionen Menschen, die die Spiele in verschiedenen Live-Konferenzen vor dem Fernseher verfolgten. Eine große Bühne für jeden Amateurfußballer.
Der Finaltag der Amateure ereignet sich wie gewohnt am Tag des DFB-Pokalendspiels, das am Abend in Berlin ausgetragen wird. Und genau für diesen qualifizieren sich die 21 Landespokalgewinner. Zwar nicht für das Finale in Berlin, jedoch für die erste DFB-Pokalrunde am Wochenende zwischen dem 11. – 14. August 2023. Eine große Chance für jeden Amateurverein gegen einen der großen Bundesligisten anzutreten. Um sich diesen Traum zu ermöglichen, heißt das „kurzfristige“ Erfolgsrezept: Jedes verbleibende Spiel im Landespokal zu gewinnen, vor allem am 03.06.2023 – am Finaltag der Amateure.
Neue Aufstiegsregelung in die 3. Liga?
Das Ende der Saison bedeutet nicht nur die Austragung aller 21 Landespokalendspiele, sondern ebenso das Ende des Ligabetriebs, verbunden mit emotionalen Auf- und Abstiegen. Besonders der Aufstieg aus der Regionalliga in die 3. Liga sorgt seit Jahren für Diskussionen. Aufgrund des Beschlusses des DFB-Bundestages 2019 steigen seit der Saison 2020/21 die Meister der Regionalligen West und Südwest jedes Jahr direkt in die 3. Liga auf. Der Grund dafür: die Gebiete der beiden Regionalligen stellen über 50 Prozent der gemeldeten Männermannschaften in Deutschland und zudem sind es die beiden mitgliederstärksten Verbände. Die Meister der Regionalligen Bayern, Nord und Nordost hingegen haben nur alle drei Jahre die Möglichkeit direkt in die 3. Liga aufzusteigen. Diese Saison wird dem Meister der Regionalliga Nord die Ehre des direkten Aufstiegs zuteil. Der Erstplatzierte aus Bayern spielt den letzten verfügbaren 20. Platz der dritten Liga in zwei Relegationsspielen mit dem Regionalligameister aus der Regionalliga Nordost aus.
Und genau aus dem Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) regt sich zunehmend Widerstand gegen die aktuelle Aufstiegsregelung. Kommt es also dieses Jahr zu einer Neuerung? Bis Ende Mai 2023 sollen Gespräche über eine Reform abgeschlossen werden. Dafür braucht es jedoch Mehrheiten, die der NOFV in den nächsten Wochen und Monaten für seine Vorschläge gewinnen muss. Dabei ist der Verband vor allem auf die Unterstützung aus den bayerischen und norddeutschen Fußballverbänden angewiesen. Die jetzige Regelung wirkt vor allem für den NOFV unfair, dessen Regionalligameister BFC Dynamo letztes Jahr eine bittere Erfahrung sammelte. Der BFC krönte eine grandiose Saison mit dem Meistertitel, musste in den Relegationsspielen gegen den VfL Oldenburg jedoch den Kürzeren ziehen und spielt nun weiterhin in der Regionalliga. Besonders unfair für den NOFV wirkt die jetzige Regelung, wenn die Regionalligasieger im Westen und Südwesten jedes Jahr direkt aufsteigen dürfen und somit bevorzugt werden. Der Aufstieg in die 3. Liga soll also ein weiteres Mal reformiert werden.
Wie soll eine Reform aussehen?
Eine Option wäre eine Aufstiegsrunde, in der alle fünf Meister einmal gegeneinander spielen und somit um den Aufstieg in die 3. Liga spielen. Das würde jedoch bedeuten, dass die Vertreter aus West und Südwest auf ihren direkten Aufstiegsplatz verzichten müssten. Zudem würde in diesem Szenario weiterhin ein Meister nicht aufsteigen. Eine Mehrheit für diese Option wäre also ein schwieriges Unterfangen.
Die zweite Alternative wird bereits seit mehreren Monaten diskutiert. Die Aufstockung der 3. Liga auf 22 Mannschaften mit insgesamt fünf Absteigern in Zukunft. Das würde heißen, dass ab der kommenden Saison 2023/24 bundesweit alle Regionalligameister direkt aufsteigen würden, jedoch nur drei Vereine aus der 3. Liga absteigen. Somit würde man auf die genaue Anzahl von 22 Drittligisten kommen. Ab der Saison 2024/25 würde es schließlich für fünf Vereine der 3. Liga heißen, dass sie den Gang in die Regionalliga antreten müssen. Von dieser Idee dürften vor allem die Drittligisten nicht begeistert sein, da mit den jetzigen vier Absteigern schon vor einigen Jahren ein Kompromiss erzielt wurde. Jedoch könnte man den Vereinen aus der 3. Liga entgegenkommen, indem ihnen sechs feste DFB-Pokalplätze versprochen werden. Zurzeit sind es nur vier Pokalstarter aus der drittklassigen Liga.
Um über die Reformen abzustimmen, bedarf es eines außerordentlichen DFB-Bundestages, dessen Einberufung der NOFV in den letzten Wochen jedoch noch selbst abgelehnt hat. Zu groß sei die Angst, ohne Mehrheiten für die eigenen Ideen beim Bundestag abgewiesen zu werden. Deshalb sollen bis zum 31. Mai dieses Jahres noch ausführliche Gespräche geführt werden und zusammen mit den anderen Verbänden Mehrheiten gewonnen werden. Es bleibt spannend, ob der NOFV noch im Sommer einen außerordentlichen DFB-Bundestag mit entsprechendem Konzept herbeiführen kann. Und vor allem, mit welcher Aufstiegsregelung die Saison 2023/24 startet.
Die Zehn-Minuten-Strafe wird beliebter
Unterhalb der Regionalliga kam es in einigen Landesverbänden in den letzten Jahren schon zu einigen Neuerungen. Die Rede ist von der Zehn-Minuten-Zeitstrafe im Amateurbereich, über die bereits im Jahresrückblick 2022 kurz berichtet wurde. In Hessen gibt es diese seit 2021 wieder. In Bayern, sowie im Saarland kann ein Spieler seit dieser Saison mit einer zehnminütigen Pause sanktioniert werden. Was heißt das jedoch für das neue Jahr 2023 und wann wird ein Spieler mit dieser überhaupt belangt?
Die zehnminütige Zeitstrafe soll vor allem gegen einen Spieler ausgesprochen werden, wenn die Rote Karte eine zu harte Entscheidung wäre, eine Gelbe Karte jedoch zu wenig. Gerade in hitzigen Situationen, wie zum Beispiel im Falle einer Rudelbildung, kann die wiedereingeführte Zeitstrafe von großem Nutzen sein. Ein Spieler, der aus seinem adrenalingeladenen Impuls heraus einen anderen in Sekundenschnelle etwas fester berührt oder einen kleinen Rempler mitgibt, muss nicht zwingend für den Rest des Spiels des Feldes verwiesen werden. Ihm würde in diesem Fall eine zehnminütige Auszeit am Spielfeldrand zur Beruhigung guttun. Dem Unparteiischen wird mit dieser Option ein größerer Ermessensspielraum geboten.
Für das Jahr 2023 heißt dies zunächst, dass im Sommer drei Landesverbände eine abschließende Evaluierung über die zehnminütige Zeitstrafe abgeben können. Von dieser Bewertung können nicht nur die drei Landesverbände profitieren, in denen die Strafe schon ein Teil des derzeitigen Spielbetriebs ist. Landesverbände, die in naher Zukunft nachziehen wollen oder eine Einführung der zehnminütigen Strafe zumindest in Erwägung ziehen, werden mit den verschiedenen Testphasen ebenso geholfen.
Im Südwestdeutschen Verband zum Beispiel denkt man über die Zeitstrafe nicht nur nach, sondern wird diese ab der kommenden Saison 2023/24 einführen. Es wäre somit der vierte Landesverband, in der ein Schiedsrichter die Zeitstrafe anwenden darf. Während im Südwesten für die nächste Saison schon Nägel mit Köpfen gemacht wurde, denken die drei baden-württembergischen Fußballverbände Baden, Südbaden und Württemberg noch über eine Einführung zur kommenden Saison nach. Zunächst soll eine landesweit einheitliche Regelung der Strafe entwickelt werden, bevor diese ins Regelwerk implementiert wird.
Jeder Landesverband darf fast autark über die Einführung und die Gestaltung der zehnminütigen Strafe entscheiden – mit einer Vorgabe des DFB. Die zehnminütige Strafe darf nur unterhalb der fünften Ligen angewandt werden. Im weiblichen Spielbetrieb kann sie hingegen bis einschließlich der vierthöchsten Spielklasse erfolgen. Durch den großen Spielraum zeigen sich unterschiedliche Konstellationen in den Landesverbänden. In Hessen und im Saarland wurde die Gelb-Rote Karte abgeschafft, in Bayern aber hat sie weiterhin Bestand. Um eine solche abweichende Kartensituation innerhalb eines Bundeslandes zu vermeiden, soll noch in diesem Jahr eine einheitliche Regelung in Baden-Württemberg ausgearbeitet werden, um mit dieser in die Saison 2023/24 starten zu können. Es wäre denkbar, dass im Spätsommer 2023 mindestens sieben Landesverbände mit einer Zehn-Minuten-Strafe in die neue Saison gehen.
Der echte Fußball im Jahr 2023 – Nur bei KICK.TV
Das Jahr 2023 bietet in den nächsten Monaten viel Spannung mit den kommenden Landespokalspielen. Auch die neue Einführung der Zehn-Minuten-Strafe könnte für weitere kuriose Szenen im Amateurfußball sorgen. Du willst diese Highlight im Jahr 2023 nicht verpassen? Auf unser Video-Plattform findest du nicht nur spannende Spielzusammenfassungen, exklusive Hintergrundberichte und Interviews, sondern noch vieles mehr. Nur hier findest du das Rundum-sorglos-Paket in Sachen Amateurfußball.